Für Tierportraits nutze ich am liebsten feine Pastellkreide. Ich will die kleinsten Details darstellen können, zugleich aber auch weiche Übergänge und unscharfe Bereiche gestalten. Bei diesem Pferdeportrait, das ich nach Kundenwunsch gefertigt habe, liegt die Herausforderung aber weniger in der Detaildarstellung, als vielmehr in der farblichen Gestaltung und im Finden der passenden Tonwerte. Ein Schimmel ist eben nicht einfach weiß…
Der Kunde wünscht sich einen anderen Hintergrund, als auf den gelieferten Fotovorlagen zu sehen ist. Auch die kühle Lichtsituation der Fotos soll im Auftragsbild wärmer gestaltet werden. Bei der Auswahl des konkreten Motivs habe ich weitgehend freie Hand. So entscheide ich mich für eine Situation im Gegenlicht und „beame“ das Pferd hierzu kurzerhand auf eine spätsommerliche Weide.
Ich liebe Gegenlicht!
Weil es in diesem Fall also keine direkt passende Vorlage für mich gibt, erstelle ich eine farbige Vorstudie. Zwei Dinge will ich hierdurch für mich klären:
- Wie verhalten sich die Tonwerte von Licht und Schatten zueinander, wenn „Weiß“ im Schatten liegt?
- Welche Farben lassen die Lichtsituation so wirken, wie ich sie mir wünsche? Genauso wie Gegenlicht hat es mir auch Abendlicht besonders angetan.
Die fertige Studie zeigt mir, dass die Schattenpartien eines weißen Pferdes im Gegenlicht überraschend dunkel ausfallen sollten, um stimmig zu wirken.
Jetzt schwenke ich direkt zum großen Format um. Die Formgebung habe ich dort vorab schon erarbeitet und die finalen Umrisse danach mit ockerfarbener Pastellkreide festgelegt. Hieran wird sich ab jetzt nichts mehr ändern. Nur die Mähne muss gemäß Kundenwunsch gekürzt werden und darf zu meinem Bedauern nicht unter die Halskante hinausragen. Schade, denn das hätte einen wunderschönen, gleißenden Kontrast im Gegenlicht ergeben.
Nach und nach entstehen durch graublaue Flächen erste Formen. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie dunkel die Töne sein müssen, obwohl ich doch ein weißes Pferd zeichne.
Nun lege ich schon die wirklich dunklen Partien an und widme mich bei Halfter, Augen und Nüstern ersten Details, bis das Bild so aussieht:
Bisher habe ich vor allem graue Farbtöne benutzt. Bevor ich mich bei der Farbgebung des Schimmels endgültig festlege, will ich erst einmal sehen, wie die Wirkung im Zusammenspiel mit dem Hintergrund ist. Zur Komposition kommen deshalb Oliv und Orange für die Weide im Hintergrund hinzu.
Jetzt wird sichtbar: Das Pferd braucht im Vergleich zum Hintergrund noch wärmere Farbtöne im Fell. Um insgesamt einen satteren und geschmeidigeren Farbeindruck zu erreichen, arbeite ich noch einmal an der kompletten Bildfläche. Der Hintergrund wird dadurch „verdichtet“ und die Fellfarbe des Pferdes behutsam in die gewünschte Richtung gebracht.
Ich bin jetzt zufrieden mit dem Bild – und jemand anderes damit, schon in wenigen Tagen ein einzigartiges Weihnachtsgeschenk für seine Frau in seinen Händen zu halten.
Toll, wie akribisch du dieses Bild bearbeitet hast. AUf was man nicht alles achten muss…
Ja, am Ende sollen alle Elemente zueinander passen und keine Bereiche übrig bleiben, auf die man nicht so gerne schaut. Deshalb ist meine Akribie beim Zeichnen ganz nützlich, um den Prozess wirklich zuende zu bringen. 😉